Erinnerungen werden wach
„Dancing star“ gefällt mir ausgesprochen gut. James Ford, der Produzent des am 26.4.2024 erscheinenden neuen Pet Shop Boys– Albums „Nonetheless“ scheint den Boys gut getan zu haben. „Dancing star“ klingt wieder ein wenig mehr nach den alten Pet Shop Boys. Der punktierte Rhythmus erinnert ein wenig an „Domino Dancing“ von 1988, dem Lied, dessen Video fast den Todesstoß der Beiden in den USA bedeutet hatte. Und das nur deshalb, weil man in den, in Zeitlupe gedrehten, letzten Szenen eine homoerotische Anspielung erkennen konnte, wenn man denn wollte. Und wenn schon! Aber Homoerotik in den 80ern? In den USA? Das ging gar nicht! Wie auch immer. „Dancing star“ erinnert auch durch den Ende der 80er und Anfang der 90er bei den Boys häufig eingesetzten „Orchestra hit“ an die früheren Pet Shop Boys.
Sojus neruschimi
Darüber erzählt der Song wieder eine schöne Geschichte aus der jüngeren Vergangenheit. Nein, es geht nicht wieder um „Lawrence in the desert“ („Jack the Lad„) oder Bush und Blair („I’m with stupid„) oder um schillernde selbstverliebte Stars („Flamboyant„). Dieses Mal geht es um Rudolf Nurejew, jenen sowjetischen Ballettänzer, der sich damals, im Jahre 1961, so spektakulär in den Westen abgesetzt hatte. Und da haben wir den nächsten Baustein eines erfolgreichen Pet Shop Boys– Songs: die Faszination für die untergegangene Sowjetunion. Man höre diesbezüglich gern mal in „My October Symphony„, “ A red letter day“ oder „Go West“ hinein.
Holsteiner Schnitzel
Die Umstände, unter denen ich „Dancing star“ zum ersten Mal hören konnte, waren … kompliziert. Wir waren gerade auf einem Kurzurlaub auf Rügen, als mich die Nachricht auf der Pet Shop Boys- Homepage erreichte. Der Song würde am 3.4.2024 auf BBC 2 uraufgeführt werden. Und das sollte 11 Uhr englischer Zeit, also 12 Uhr deutscher Zeit sein. Dummerweise befand ich mich genau zu dieser Zeit auf dem „Rasenden Roland„, auf dem Panoramawagen, also im Freien, weil die anderen Waggons alle vollgestopft waren. Es waren gefühlte -3° Celsius und etwas wackelig. Runter vom Zug ging es dann sofort in Binz ins nächste Restaurant, welches kein Essen zu Preisen verkaufte, als wäre dort überall Goldstaub drauf. Nach der Bestellung meines Holsteiner Schnitzels zückte ich mein Handy und hörte in einer, für die Anderen, erträglichen Lautstärke mit einem Ohr das neue Pet Shop Boys- Lied.
Die Couch
Ein Ohr und eine unzureichende Lautstärke reichten aber, um herauszuhören, dass meine Boys wieder eine geile Nummer vorgelegt hatten. Yes! Das liegt sicherlich auch an den netten Bedingungen bei der Albumproduktion. In einem Interview mit James Ford schilderte selbiger, dass er sein Studio im Dachgeschoss bei sich zu Hause hätte. Dort hat er schon die Arctic Monkeys produziert. Und dort steht wohl auch eine Couch zum Ausruhen herum. Im Interview berichtete James Ford davon, dass die beiden Pet Shop Boys sich dort sehr oft schlafen gelegt haben.
Stuart Price vs. James Ford
Um es noch einmal zusammenzufassen: Ich bin irgendwie erleichtert. Die drei Singles vom letzten Album haben mich irgendwie nicht so richtig abgeholt. „Burning the heather“ war mir zu lahm. „Monkey business“ zu gewollt discomäßig und „I don’t wanna“ hatte nicht wirklich eine interessante Mitsingmelodie. „Dancing star“ geht wieder in die richtige Richtung. Vielleicht war es damals vor ca. 10 Jahren doch die falsche Entscheidung, 3 Alben am Stück unter der Fuchtel von Stuart Price zu produzieren. James Ford scheint die Boys wieder auf den alten Pet Shop Boys– Pfad zurück geführt zu haben. Jedenfalls: Viel Spaß Euch mit den Pet Shop Boys und „Dancing Star„.